
Zurück in den Alltag: Woche 7 am Generalkapitel
Liebe Mitbrüder, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Don-Bosco-Familie,
nach einer ereignisreichen Wahlwoche und einer doch etwas mühevollen Rückkehr aus dem sich anschließenden festlichen Wochenende in den Alltag des Generalkapitels haben wir uns in dieser Woche wieder kräftig um wichtige Themen der Salesianer Don Boscos weltweit gekümmert. Die Beratungen wurden wieder im bereits beschriebenen Stil des synodalen Hörens und eines gegenseitigen Austausches aufgenommen. Man merkt jedoch eine spürbare Änderung in der Art und Weise unserer Arbeit in dieser vorletzten Woche des Generalkapitels.
Unsere Arbeitsweise
Zunächst einmal sind nun alle Mitglieder des neu gewählten Generalrates auch bei uns anwesend. Wir sprechen nicht mehr abstrakt vom „neu zu wählenden Generalrat“, sondern können direkt ansprechen, Reaktionen sehen und Rückfragen stellen. In der Versammlung gleich in der Reihe vor unserer deutschsprachigen Delegation beispielsweise sitzt der neu gewählte Generalökonom Pater Gabriel Stawowy. Auch der neue Regionalrat für Ozeanien Pater William Matthews ist inzwischen nach langer Reise angekommen und reiht sich in die Teilnehmer ein. Es ist beeindruckend, wie die neuen Räte mit dieser kurzen Einarbeitungszeit von wenigen Sekunden umgehen. Mit der Annahme des Amtes am Telefon sind sie auch „in Amt und Würden“ und müssen Rede und Antwort stehen. So mancher Kapitelsteilnehmer bezweifelt diese „Ruck-Zuck-Methode“ der Einarbeitung.
Was in der Arbeit des Kapitels gleichgeblieben ist, sind die einzelnen Arbeitsaufträge in den die Vollversammlung unterteilenden Kommissionen. So ist P. Rinderer weiter Vorsitzender der Kommission Soziale Kommunikation, P. Gesing leitet als Präsident immer noch die beiden Kommissionen 3 (Italienisch) und 8 (Kinder-, Jugend und Mitarbeiter*innenschutz) und ich selbst trage weiter als Sprecher die Beschlüsse der Kommission 1 (Englisch) in der Vollversammlung vor. Hinzugekommen sind nun aber neu auch die Regionalgruppierungen. Unsere Region Europa Zentrum-Nord feiert die morgendlichen Gottesdienste zusammen und trifft sich zum Austausch (und einem Glas Bier). Bereits sichtbar und spürbar ist die Veränderung durch das Ausscheiden der kroatischen Provinz: Wir sind als Region kleiner geworden. Sichtbar ist auch, dass nun drei Mitglieder des neuen Generalrates ihren Ursprung in der Region haben: Generaloberer, Generalökonom und Regionalrat.
Unser neuer Generaloberer Fabio Attard
Zu einer neuen Atmosphäre auf dem Generalkapitel trägt auch die Präsenz von Pater Fabio Attard als Generaloberer bei. Er hat mit seiner Wahl auch die Präsidentschaft des Generalkapitels übernommen und trägt durch klare und durchdachte Hinweise und Ideen zu einer gelingenden Diskussion bei. Dabei fällt besonders seine tiefe Sorge um die jungen Menschen auf und der Schwerpunkt in der Jugendpastoral. Wer die bisherigen Aufgaben von Fabio Attard betrachtet, wird sich über diese Schwerpunkte wenig wundern.
Überraschend war dann dennoch, dass er seinen ersten Besuch als Generaloberer außerhalb des Generalkapitels bewusst in die Jugendhaftanstalt von Turin gemacht hat. Zurück in der Versammlung des Kapitels begründete er diesen Besuch auch damit, dass so sichtbar werden kann, wofür das Generalkapitel steht: „Engagiert für die jungen Menschen heißt, dies auch sichtbar und treu in prophetischer Weise zu leben.“ Tief beeindruckt von den Eindrücken aus der Haftanstalt und der salesianischen Arbeit vor Ort hat er dann noch einmal daran erinnert, dass historisch „aus dieser Arbeit (mit den jungen Menschen in Haft) das Präventivsystem Don Boscos entstanden ist und somit auch das salesianische Charisma.“ Sein Appell an die Teilnehmer des Generalkapitels wurde dann noch deutlicher: „Wir wollen weiter an der Seite der jungen Menschen stehen, denn unser Gründer erinnert uns daran, dass es in jedem jungen Menschen, besonders in den Ärmsten einen Punkt gibt, der für das Gute offenbleibt. Es ist unsere Aufgabe, diesen Punkt zu suchen.“
Unsere Arbeit in dieser Woche
Wie also heute gemeinsam junge Menschen, besonders die bedürftige Jugend, begleiten und sich für sie engagieren? Das Generalkapitel hat in dieser Woche genau auf diese Fragestellung einen seiner Schwerpunkte gesetzt. Zum einen wurde ausführlich über die Textfassung des zweiten Teiles im Kapiteldokument beraten, zum anderen standen Themen der konkreten Arbeit und Organisation der Provinzen und Häuser auf dem Programm. Der zweite Teil des Abschlussdokumentes für das Generalkapitel befasst sich besonders mit der Frage, wie heute im Geiste Don Boscos salesianische Arbeit gelingen kann und welche neuen Aufgabenfelder in den Blick genommen werden müssen. Unsere kleine aber auch fleißige deutschsprachige Delegation war stets darauf bedacht, die Fragen der Ökologie und der Friedensbildung einzubringen. Auch die Fragen der digitalen Räume wurde so immer wieder von uns angesprochen. Gleichzeitig haben wir auch die Betrachtung der Wirksamkeit von salesianischer Arbeit und dessen sichtbare und standardisierte Vermittlung zum Thema gemacht. Viele dieser Punkte wurden mit Dankbarkeit von den Arbeitskommissionen aufgegriffen und finden sich an der einen oder andere Stelle wieder.
Einen beeindruckenden Schwerpunkt der Beratungen in dieser Woche bildete die Frage der weiteren Stärkung und der Ausweitung des Kinder- Jugendlichen- und Mitarbeiter*innenschutzes (safeguarding). Hierzu wurden mehrere textliche Ideen konkretisiert und dem Kapitel zur Abstimmung vorgelegt. Besonders hilfreich war ein Panel zum Austausch unter den Provinzen, an dem einzelne Provinziale erfolgreiche präventive Systeme und den Umgang mit Betroffenen vorstellten, offenen Fragen des Schutzauftrages und der Aufarbeitung erläuterten und so nicht nur implementierte Systeme aufzeigten, sondern auch Entwicklung bei ihnen und anderen Provinzen anregten. In mehreren Dokumenten wird sich diese Reflexion widerspiegeln, sowohl inhaltlich im Kapiteldokument als auch in juridischen Texten als Vorgaben an die einzelnen Provinzen.
Zu den beratenen Themen gehörten aber auch einige Änderungen der Konstitutionen und der Satzungen, die vor allem die Zuordnung oder auch die Differenzierung von Aufgaben und Ämtern betreffen. Eine grundsätzliche Linie zeigte sich besonders in dieser Woche in der Frage der Zusammenarbeit von unterschiedlichen Menschen geeint im Geiste Don Boscos. Der zweite Teil des Dokumentes des 29. Generalkapitels wird sicherlich (die Endabstimmung steht noch aus) auch hier positiv stärkende und ermutigende Impulse setzen.
Unsere gemeinsamen Feste
Nach der gemeinsamen Feier mit dem neu gewählten Generalrat war sicherlich ein weiterer Höhepunkt in dieser Woche die Einweihung der neu renovierten Türme der Maria-Hilf-Basilika in Valdocco und die Eröffnung des Platzes direkt vor der Basilika. Generaloberer Fabio Attard segnete an der Seite des Präsidenten der Region Piemont und des Bürgermeisters von Turin dieses neue Ensemble. Mit der Renovierung der Türme wurde der Basilika auch ein neues Glockengeläut geschenkt. Das dazugehörige Glockenspiel erklang dann festlich und tauchte Platz und Basilika in eine Klangwolke. Als sichtbares Zeichen der Ehre brachte dann die Stadt Turin an beiden Engelsfiguren der Basilikatürme mit Hilfe der Feuerwehr-Drehleiter Blumengebinde an. Die Engel reichen diese nun sinnbildlich an die neu vergoldete Maria-Hilf-Statue weiter.
Weniger festlich aber dafür mit viel Engagement wurde auf dem neu eingeweihten Platz dann das Gruppenfoto zelebriert. Großen Respekt verdienen an dieser Stelle die Techniker des Kapitels, die es schafften 233 Kapitulare „in Schach“ zu halten, sie in Reihe und Glied der Größe nach aufzustellen und dann auch noch alle in dieselbe Richtung schauen zu lassen. Überhaupt war diese Technikgruppe ein echter Garant für das Gelingen dieses doch sehr digitalisierten Generalkapitels. Nicht zu vergessen ist auch die Feier des gemeinsamen festlichen Gottesdienstes am Samstag erstmals mit dem gesamten neugewählten Generalrat und übertragen live auf den Kanälen der ANS. Da vom Festabend nach den Wahlen noch gutes bayrisches Bier in Kühlhaus übrig war, konnte die deutsche Provinz so noch an einem weiteren Festessen kulinarisch zum Gelingen beitragen (was übrigens äußert gern gesehen und vor allem auch getrunken wird).
Unsere Aufgaben für die verbleibende Zeit
Wenige Tage bleiben dem Generalkapitel nun noch um Beratungen und Ergebnisse abzuschließen. Diese Zeit ist sehr wertvoll, auch wenn die Gedanken schon an die Heimreise und die Heimatprovinzen gehen. Abgeschlossen wird noch das Schlussdokument zum Kapitel und auch eine qualitative Auswertung der Erarbeitung wird folgen. Ebenso soll auch nochmals auf die Methodik und den Ablauf des gesamten Kapitels geschaut werden. Dieses Wochenende ist so bereits der erste Schritt als Übergang in den heimatlichen Alltag, zu dem wir dann die Beratungen, Ideen, Visionen, Perspektiven und Texte mitnehmen werden. Passend zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Rückkehr der Kapitulare in die Heimat bekamen wir auf dem Kapitel dann noch Besuch von Kolleg*innen und Mitbrüdern der weltweit größten Missionsprokuren (Madrid, New Rochelle, Beromünster, Brüssel, Warschau, Turin, Wien und Bonn). Auch dies ist ein sehr motivierendes Zeichen, denn gerade in der aktuellen Zeit braucht es zuverlässige Projektpartner!
Nachdem nun endlich der Frühling auch im Piemont angekommen ist und wir so den letzten Sonntagnachmittag bei Eis und Kaffee genießen konnten, wünsche ich Ihnen und Euch auch im Namen von Provinzial P. Siegfried M. Kettner, Br. Jean-Paul Müller, Provinzial P. Reinhard Gesing und P. Peter Rinderer, eine gute Zeit und eine fruchtbare Vorbereitung hin auf den Palmsonntag und die Karwoche. Wir werden mit den Gästen aus den Missionsprokuren DACH den Abend dieses letzten Fastensonntages gemeinsam in einer Pizzeria verbringen und vertiefen so unseren Austausch.