
Wir haben gewählt!
Turin-Valdocco, den 30.03.2025
Liebe Mitbrüder, liebe Don-Bosco-Familie,
mit Montag, dem 24. März, starteten wir hier in Turin hinein in eine besonders spannende Woche des Generalkapitels: Wahlen!
Wer wählt? Wer wird gewählt? Wie wird gewählt?
Einige wird interessieren, wie die Wahlen bei einem Generalkapitel vor sich gehen und welche Regeln es da gibt. Wen das gar nicht interessiert, der kann gerne diesen Teil überspringen und weiterlesen bei “Wir haben einen neuen Generaloberen”.
Das Generalkapitel ist das oberste und auch gesetzgebende Gremium der Kongregation und auch eines der wenigen wirklichen demokratischen Elemente in einer sonst streng hierarchisch strukturierten Institution. Seine ordentlichen Mitglieder bestehen vor allem aus den Provinzialen und den von den einzelnen Provinzkapiteln gewählten Delegierten. Dazu kommen noch ehemalige Generalobere, in unserem Fall Don Pascual Chavez, und die Mitglieder des aktuellen Generalrats, bestehend aus den Generalräten, die jeweils ein „Dikasterium“ (Abteilung bzw. Fachgebiet) leiten und den Regionalräten, denen die weltweit 93 Ordensprovinzen in den 136 Ländern unserer Präsenz zugeordnet sind. Beobachter und Gäste haben kein Wahlrecht.
Dieselbe Person kann nur zweimal für dasselbe Dienstamt gewählt werden. Eine Ausnahme ist die Funktion des Generaloberen. Es kann dafür auch ein Generalrat gewählt werden, der bereits zwei Amtszeiten hinter sich hat. Dazu gibt es noch einige weitere Vorgaben: der Generalobere und der Vikar des Generaloberen müssen Priester sein, da sie nach dem Kirchenrecht und dem Eigenrecht „höhere Obere“ sind, denen auch bestimmte Vollmachten anvertraut sind, die mit dem Weihesakrament verbunden sind. Außerdem muss ein Kandidat wenigstens zehn Jahre „Ewige Profess“ haben, also die verbindliche Zugehörigkeit zum Orden durch die Ordensgelübde.
Die Wahlvorbereitung
Jeder Wahl geht eine gründliche Vorbereitungszeit voraus. Zu allererst wird von den sechs Kommissionen oder den Regionalkonferenzen je ein Anforderungsprofil und ein Persönlichkeitsprofil für die zu wählende Funktion erstellt. Erst danach können konkrete Namen vorgeschlagen werden. In der Vollversammlung werden dann die gesammelten Profile und danach die Namenslisten präsentiert, jedoch ohne Nennung einer Stimmenanzahl. Nach einer ersten Probeabstimmung, bei der die Stimmenanzahl angezeigt wird, werden bereits Trends sichtbar.
Weil nicht jeder Vorgeschlagene allen bekannt ist, gibt es dann die Gelegenheit, sich noch genauer zu informieren. In einer zweiten und manchmal auch dritten Probeabstimmung zeichnet sich ein immer klareres Bild ab. Nach Stille und Gebet kommt es dann, meistens am nächsten Tag, zur definitiven Wahl. Dabei hat jeder Wahlberechtigte die Freiheit, einen der bisher vorgeschlagenen Kandidaten zu wählen oder auch einen von den ca. 7.600 Salesianern weltweit, die den Wahlkriterien entsprechen.
Wir haben einen neuen Generaloberen - den 11. Nachfolger Don Boscos!
Don Fabio Attard - der neue Generalobere der Salesianer Don Boscos
Schon bei den ersten Sondierungen am 24. März zeigte sich, dass ein Salesianer außerhalb des Generalkapitels überwiegend Zustimmung erhielt. So war es kein Wunder, dass nach Stille und Gebet Don Fabio Attard am 25. März, dem Fest der „Verkündigung des Herrn“, zum neuen Generaloberen der Salesianer Don Boscos gewählt wurde. Alle im Saal lauschten gespannt, als er per Mobiltelefon gefragt wurde, ob er diese Wahl annimmt. Die Ergriffenheit war spürbar, als er sein „accetto“, ich akzeptiere, sprach und es mit tosendem Applaus beantwortet wurde. Er wurde gebeten, den nächsten Zug aus Rom in Richtung Turin zu nehmen.
Wenige Stunden später konnte der neue Generalobere von den Kapitelteilnehmern begrüßt werden. Nach der für diesen Anlass vorgesehenen sog. „Professio fidei“, dem öffentlichen Glaubensbekenntnis von Don Fabio Attard, war es allen im Saal Anwesenden möglich, ihm persönlich zu gratulieren. Es war ein schönes Zeichen, dass die erste, die ihm ihre Glückwünsche für seinen Dienst ausdrückte, die Generaloberin der Don Bosco Schwestern, Madre Chiara Cazziola FMA, war. Ein starkes Zeichen der Verbundenheit und des Willens zur guten Zusammenarbeit im gemeinsamen Charisma.
Als Vertreter unserer beiden deutschsprachigen Provinzen haben wir vier, P. Gesing, P. Härting, P. Rinderer und ich, es uns nicht nehmen lassen, auch ein gemeinsames Foto mit ihm zu machen. Den aus der deutschen Provinz stammenden und gerade noch als Generalökonom amtierenden Br. Jean Paul Muller haben wir dazu gebeten. Die dahinter stehende Botschaft, dass unsere beiden Provinzen dabei sind, in eine gemeinsame Zukunft zu gehen, kam auch an!
Als der ukrainische Provinzial dem neuen Generaloberen gratulierte, bat dieser, ihn zu segnen. Ein berührender Moment!
Die Vertreter der deutschsprachigen Provinzen mit Don Fabio Attard
Don Fabio Attard ist vielen von uns von seiner früheren Aufgabe als Generalrat für Jugendpastoral in guter Erinnerung, vor allem ehemaligen Jugendlichen der Salesianischen Jugendbewegung in Österreich. Zweimal war er bis 2020 in dieser Funktion tätig. Der 66-jährige Maltese beherrscht etliche Sprachen und hat in Irland und in Rom studiert. Er gehörte zu jenen Salesianern, die in Tunesien eine salesianische Präsenz in einem überwiegend muslimischen Umfeld aufgebaut haben. Davor und danach engagierte er sich in der Pastoral und in der Fort- und Weiterbildung der Laien in Malta. Sein Doktorat hat er im Fachgebiet der Moraltheologie erworben und war u. a. auch als Professor an der Päpstlichen Salesianeruniversität in Rom tätig. Wir freuen uns über seine Wahl und wünschen ihm Gottes Segen in der Leitung und Animation der Kongregation und der Don Bosco Familie!
Der neue Generalrat - die Mischung macht’s!
Am Tag nach der Wahl des neuen Generaloberen wurde der Sondierungsprozess für die nächste Wahl weitergeführt, für jene seines Stellvertreters, des Vikars des Generaloberen. Am Mittwoch, 26. März, wurde in geheimer Wahl der Italiener Don Stefano Martoglio in seinem Amt mit großer Mehrheit bestätigt. Er war bereits fünf Jahre Vikar des Generaloberen und hat, als der letzte Generalobere Don Ángel Fernández Artime von Papst Franziskus zum Kardinal erwählt wurde, nach dessen Ausscheiden aus der Ordensleitung seit August 2024 die Amtsgeschäfte geführt. Auch er legte sofort nach der Wahl die „Professio fidei“ ab, bevor ihm die Mitbrüder vor Ort ihre Glück- und Segenswünsche ausdrückten.
Don Stefano Martoglio und Provinzial P. Siegfried M. Kettner SDB
In den sieben Regionalkonferenzen gingen die Beratungen über mögliche Kandidaten für die Dikasterien, die Fachbereiche im Generalrat, weiter. Aufgabe war es, dafür jeweils aus der eigenen als auch aus den anderen Regionen Namen vorzuschlagen. Am 28. März erfolgten dann nach weiteren Klärungen und Vorwahlen die definitiven Wahlen. Für viele war es überraschend, dass die Aufgaben aller Dikasterien neu besetzt wurden.
- Generalrat für die Formation (Ausbildung) wurde Don Silvio Roggia, ein Italiener, der viele Jahre als Missionar im Bereich der Ausbildung in Ghana tätig war. Auch er war nicht Mitglied des Generalkapitels und ist am nächsten Tag aus Rom angereist.
- Für das wichtige Dikasterium der Jugendpastoral wurde der Kolumbianer Don Rafael Bejarano gewählt, der bereits Mitarbeiter in diesem Dikasterium war. Er musste nicht extra anreisen, obwohl er nicht Kapitular ist. Wegen seiner Mehrsprachigkeit war er als Dolmetsch vor Ort.
- Don Fidel Maria Orendain, bisher Provinzial einer der beiden philippinischen Provinzen und daher Kapitular, wurde zum Generalrat des Dikasteriums für Soziale Kommunikation gewählt.
- Ein weiterer Kapitular, der sowohl in der deutschen als auch in der österreichischen Provinz einen hervorragenden Ruf genießt, der bisherige Provinzial der Provinz Afrika Nigeria-Niger, Don Jorge Maria Crisafulli, ein gebürtiger Argentinier, wurde zum neuen Generalrat für die Mission gewählt.
- Der aus Polen stammende neue Generalökonom heißt Don Gabriel Stawowy. Als Mitarbeiter der großen Missionsprokur in New Rochelle in den USA wurde auch er telefonisch um seine Zustimmung zur Wahl gebeten und wird demnächst in Turin eintreffen.
Kaum waren diese Aufgaben neu besetzt, wurde in den Regionalkonferenzen weiter über Kandidaten für die Regionalräte beraten. Ihre Hauptaufgabe ist es ja, Verbindungsperson zwischen den sieben bzw. demnächst acht Regionen - für Afrika wurde ja in diesem Kapitel die Schaffung einer zweiten Region zugestimmt - und der Generalleitung zu sein.
Am Samstagvormittag, den 29. März, wurden diese Regionalräte gewählt. Während die Generalräte bei den Dikasterien und im Ökonomat alle neu gewählt wurden, gab es bei den Regionalräten vor allem Wiederwahlen. Eine der beiden neuen afrikanischen Regionen erhielt natürlich einen neuen Regionalrat und auch Ostasien und Ozeanien hat einen neuen Regionalrat erhalten. Für unsere Region Europa Zentral - Nord ist wichtig, dass der bisherige Regionalrat Don Roman Jachimowicz in seinem Amt bestätigt wurde.
Der neue Regionalrat der Salesianer Don Boscos
Ein für mich und viele andere beeindruckendes Zeugnis der Verfügbarkeit und des Gottvertrauens war die Bereitschaft aller gewählten Mitbrüder, diese Wahl anzunehmen. Es sind keine einfachen Aufgaben, die sie übernehmen und keine leichten Jahre, die vor ihnen liegen. Sie übernehmen mutig und selbstlos ihren Dienst und sehen in der Wahl den Willen Gottes. Begleiten wir diese großherzigen Salesianer mit unserem Gebet!
Während wir am Freitagmorgen in der Mariahilf-Basilika die Heilige Messe gefeiert haben, hat sich in Myanmar und in Teilen von Thailand das schreckliche Erdbeben ereignet, das dzt. in allen Medien Beachtung findet. Der Generalobere hat den Provinzial von Myanmar gebeten, dem Generalkapitel von den Schäden in den salesianischen Niederlassungen zu berichten. In Mandalay, dem Zentrum des Erdbebens, wurden das Straßenkinderzentrum und die Kirche beinahe völlig zerstört. Auch Gebäude einer Ausbildungseinrichtung für junge Salesianer sind zum Teil schwer beschädigt. Es grenzt an ein Wunder und wir dürfen Gott dafür dankbar sein, dass es bis auf ein paar Verletzte keine Todesfälle in unseren Häusern gibt. Wie auch andere Salesianerprovinzen haben Deutschland und Österreich dem Provinzial ihre Hilfe zugesagt.
Im Namen von Provinzial P. Reinhard Gesing, den Delegierten P. Simon Härting und P. Peter Rinderer und auch in meinem eigenen Namen Ihnen und Euch allen einen herzlichen Gruß aus Turin!
P. Siegfried M. Kettner - Provinzial
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